(pd) Verschiedene parlamentarische Vorstösse, Erkenntnisse in der Anwendung des geltenden Verfahrensrechts und die fortschreitende Digitalisierung erfordern, dass das Verwaltungsrechtspflegegesetz und weitere Gesetze angepasst werden müssen. Der Regierungsrat unterbreitet dem Grossen Rat die entsprechende Botschaft.
Die Revision des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) wurde im Rahmen der Anhörung weitgehend begrüsst. Bei den Digitalisierungsthemen wurden noch Anpassungen und Präzisierungen vorgenommen. Zudem wird darauf verzichtet, das Dolmetscherwesen und das Normenkontrollverfahren neu zu regeln.
Änderungen aufgrund parlamentarischer Vorstösse Die Vorstösse, die umgesetzt werden sollen, führen zu folgenden Massnahmen:
• Für öffentlich-rechtlich Angestellte der Gemeinden wird ein Schlichtungsverfahren für personalrechtliche Streitigkeiten eingeführt.
• Bei Bauprojekten wird der Rechtsschutz angepasst.
• Die Beschwerdefrist für Stimmrechts-, Wahl- und Abstimmungsbeschwerden wird verlängert.
Digitale Transformation der Verwaltung
Mit der vorliegenden Änderung des VRPG werden die Voraussetzungen für den elektronischen Verkehr zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung sowie zwischen Verwaltungsstellen festgelegt. Im Gesetz wird eine allgemeine und umfassend geltende Regelung zum elektronischen Rechtsverkehr getroffen. Diese ist technologieneutral formuliert und hält die wichtigsten Grundzüge und zentralen verfahrensrechtlichen Grundsätze fest. Zudem erhält der Regierungsrat die Kompetenz, mittels Erlass von Verordnungen flexibel auf technische und organisatorische Entwicklungen zu reagieren.
Effizienzsteigerung dank vollständig automatisierten Entscheiden
Bevölkerungswachstum, steigende Dynamik und zunehmende Vernetzung in Wirtschaft und Gesellschaft sowie die hohe Komplexität von Geschäftsprozessen erhöhen auch die Anforderungen und die Erwartungshaltung an den Kanton als Dienstleister. Dieser Problematik soll durch eine Automatisierung gewisser Prozesse begegnet werden. Dadurch wird die Verwaltung von den anzahlmässig häufigen Routinefällen entlastet und kann sich auf die komplexeren Fälle konzentrieren, die damit persönlich und schneller erledigt werden können.
Es dürfen nur automatisierte Entscheidsysteme zum Einsatz kommen, die ausschliesslich Regeln anwenden, die von natürlichen Personen autorisiert worden sind. Dies betrifft Entscheide, die auf eindeutigen Kriterien basieren und einfache "Wenn-Dann"-Entscheidungen bedingen. Entscheide mit Ermessen, das nur durch eine natürliche Person rational und rechtskonform ausgeübt werden kann, scheiden dadurch aus. Im Weiteren sind vollständig automatisierte erstinstanzliche Entscheide entsprechend zu kennzeichnen, und es kann dagegen bei der entscheidenden Behörde kostenlos Einsprache geführt werden.
Zeitliche Staffelung der digitalen Transformation Bei der Digitalisierung des Rechtsverkehrs beschränkt sich die vorliegende Revision auf Regelungen, die unabhängig von den derzeit laufenden Anpassungen beim Bund sind. So kann vermieden werden, dass Bestimmungen erlassen werden, die in wenigen Jahren wieder geändert werden müssen. Das betrifft vor allem das Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise (E-ID-Gesetz, BGEID) und das Bundesgesetz über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ), die beide in Erarbeitung sind und Auswirkungen auf die kantonalen Verfahren haben werden. Die von diesen Bundesgesetzen abhängigen Anpassungen im VRPG werden zu gegebener Zeit umgesetzt.
Die erste Beratung im Grossen Rat ist für das zweite Quartal 2023 vorgesehen.